Die Regelinsolvenz – Wirtschaftlicher Neuanfang für Selbstständige


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Heutzutage ist es gerade unter jungen Menschen sehr beliebt, sich der Selbstständigkeit zuzuwenden. Die Vorstellung, sein eigener Chef zu sein, seine Arbeitszeit flexibel gestalten zu können und auf keinen Arbeitgeber angewiesen zu sein, scheint auf den ersten Blick sehr verlockend. Jedoch findet sich ein selbstständiger Unternehmer gerade in der Gründungsphase vor vielen Problemen wieder, an die er zu Anfang vielleicht gar nicht gedacht hat. Es ist bürokratisch gesehen sehr aufwendig, sich erfolgreich selbstständig zu machen. Zudem vergessen viele, dass Kundenbeziehungen von Grund auf neu aufgebaut werden müssen, was meist mit erheblichem Mehraufwand verbunden und nicht innerhalb eines herkömmlichen 8-Stunden-Arbeitstages machbar ist.

Diese Unterschätzung des Aufwandes eines Selbstständigen führt dazu, dass ein Großteil die Selbstständigkeit innerhalb der ersten drei Jahre, der Gründungsphase eines Unternehmens, aufgibt. Oftmals finden sich die Menschen dann nicht nur vor zerbrochenen Träumen, sondern auch einem nicht unerheblichen Schuldenberg wieder.

Die Regelinsolvenz ist ein Weg für selbstständige Unternehmer, aus dieser Schuldenfalle zu entfliehen und einen wirtschaftlichen Neuanfang zu starten.

Der Unterschied zwischen einer Regelinsolvenz und einer Verbraucherinsolvenz

Dank Regelinsolvenz ist ein Neuanfang für Selbstständige möglich
Der große Unterschied zwischen einer Regelinsolvenz und einer Verbraucherinsolvenz besteht darin, dass bei der Regelinsolvenz der außergerichtliche Einigungsversuch ausgelassen werden darf.

Um eine Verbraucherinsolvenz vor Gericht beantragen zu können, muss der Schuldner einen fruchtlos verlaufenen außergerichtlichen Einigungsversuch bei seinen Gläubigern gewagt haben, der von einer „geeigneten Person“, beispielsweise einem Schuldenberater, vor Gericht auf Anfrage bestätigt werden muss.

Bei Beantragung der Regelinsolvenz muss der Schuldner diesen außergerichtlichen Einigungsversuch nicht nachweisen können und kann gleich das gerichtliche Verfahren starten.

Voraussetzungen für die Beantragung einer Regelinsolvenz

Eine Regelinsolvenz darf nicht von jeder Person beantragt werden und richtet auch ausschließlich an juristische Personen sowie Personengesellschaften und an alle Selbstständigen und ehemals Selbstständigen mit mehr als 19 Gläubigern.

Privatpersonen wie Arbeitnehmer, Arbeitslose, ALG I / II Berechtigte, Hausfrauen, Rentner und ehemalige Selbstständige mit übersichtlichen Einkommensverhältnissen (weniger als 19 Gläubiger) können keine Regelinsolvenz beantragen und müssen auf das Verbraucherinsolvenzverfahren ausweichen.

Folgende Personen können die Regelinsolvenz beantragen:

  • Juristische Personen (beispielsweise e. V., AG, GmbH, …)
  • Personengesellschaften (GbR, KG, OHG, …)
  • Selbstständige, die ihr Unternehmen in der Zeit des Insolvenzverfahrens weiterführen
  • Ehemalige Selbstständige mit mehr als 19 Gläubigern
Auch bei der Regelinsolvenz gilt das gleiche wie bei der Verbraucherinsolvenz: Der Schuldner muss zahlungswillig, jedoch nicht in der Lage sein, alle Gläubiger ausreichend zu befriedigen.

Die Rechte und Pflichten während des Insolvenzverfahrens

Wichtiger Hinweis
Während der Dauer des Insolvenzverfahrens steht der Schuldner nicht unter der Vormundschaft des vom Gericht zugeteilten Insolvenzverwalters. Das heißt, dass er sich mit diesem nicht absprechen muss, falls größere Anschaffungen anstehen oder zumutbare Verträge abgeschlossen werden.

Jedoch hat der Schuldner in dieser Periode auch einige Pflichten zu erfüllen. So muss dieser beispielsweise einer Erwerbstätigkeit nachkommen oder sich zumindest um eine bemühen. Außerdem müssen Wohnort- und Arbeitgeberwechsel beim zuständigen Insolvenzverwalter gemeldet werden. Ebenso muss jede wirtschaftliche Änderung angezeigt werden. Bei einer Erbschaft beispielsweise wird dann die Hälfte vom Insolvenzverwalter beschlagnahmt und gerecht in gleichen Teilen an die Gläubiger verteilt. Die letzte Obliegenheit während des Regelinsolvenzverfahrens besteht darin, keine Zahlungen an die Gläubiger zu leisten, um eine angemessene und vor allem gerechte Schuldenbereinigung durchzuführen, ohne dass ein Gläubiger bevorzugt oder benachteiligt wird.

Der Ablauf eines Regelinsolvenzverfahrens

Nach der Beantragung der Regelinsolvenz vergehen meist 2-3 Monate, bis das eigentliche Insolvenzverfahren eröffnet wird. Dieses Insolvenzverfahren dauert in der Regel etwa 2 Jahre. Danach folgt die Wohlverhaltensphase, die nach 3-6 Jahren ab Beginn des Regelinsolvenzverfahrens durch die Restschuldbefreiung beendet wird. Drei Jahre nach Beendigung des gesamten Verfahrens werden die Daten aus der Schufa gelöscht.

Was Sie vor der Eröffnung einer Regelinsolvenz beachten sollten

Ein Regelinsolvenzverfahren ist eine sehr sensible Angelegenheit, bei der viele Fehler passieren können. Aus diesem Grund ist es umso wichtiger, sich anwaltlich beraten und bestenfalls durch die Insolvenzzeit begleiten zu lassen.

Ein Fehler beziehungsweise ein Fehlverhalten während des Insolvenzverfahrens und der darauffolgenden Wohlverhaltensphase können negative Auswirkungen auf Ihre Restschuldbefreiung haben – sie könnte vom Gericht verwehrt werden.

Aus diesem Grund sollten Sie sich den Start eines Regelinsolvenzverfahrens nicht nur sehr gut überlegen, sondern auch einige Vorkehrungen treffen. Beispiele
Beispiel #1

Überlegen Sie sich, ob Sie Ihr Unternehmen während des Regelinsolvenzverfahrens weiterführen oder eine Auffanggesellschaft von einer Vertrauensperson gründen lassen, die sie als Arbeitnehmer einstellt. In diesem Fall könnten Sie unter Umständen auf ein Verbraucherinsolvenzverfahren ausweichen und sich einige Mühen sparen.

Beispiel #2

Trennen Sie Ihren Besitz und Ihre Verpflichtungen und vor allem: Trennen Sie Ihre Finanzen von den finanziellen Angelegenheiten Ihres Partners.

Durch die Trennung Ihrer Schulden von Ihrem Vermögen verschaffen Sie sich einen Überblick, wobei der nächste Schritt die Eröffnung eines privaten P-Kontos wäre. Dies ist ein wichtiger Schritt, denn da ein Geschäftskonto über keine Pfändungsfreigrenze verfügt, würde bei einer Pfändung das gesamte Guthaben gepfändet werden und Sie hätten überhaupt keine Einnahmen bis zum offiziellen Beginn des Insolvenzverfahrens. Da die Beantragung oftmals mehrere Monate dauert, könnten Sie sich in dieser Zeit schlimmstenfalls nicht versorgen. Aus diesem Grund ist die Einrichtung eines P-Kontos für die Sicherung Ihres Lebensunterhalts unabdingbar.

Der zweite wichtige Schritt ist die Trennung Ihrer Finanzen von denen Ihres Partners, um diesen vor einem möglichen finanziellen Ruin zu bewahren. Sollten beispielsweise Kredite auf Sie und Ihren Partner laufen, die von Ihrem Konto abgezogen werden, sollten diese unbedingt auf das Konto Ihres Partners umgeschrieben werden. Ebenso verhält sich dies mit Mietzahlungen und weiteren wichtigen Beiträgen. Im Falle einer Rückbuchung durch einen Insolvenzverwalter könnten Ihnen Kredite und sonstige Verträge gekündigt werden, was verheerende Auswirkungen auf Ihre Lebenssituation haben könnte.

Ebenso wichtig ist die Einstellung aller Zahlungen gegenüber Ihren Gläubigern.

Wie Sie sehen ist ein Regelinsolvenzverfahren eine sehr komplizierte Prozedur, die nicht ohne juristischen Beistand erfolgen sollte.

Das eigentliche Insolvenzverfahren

Nach vorheriger Absprache stellt Ihr juristischer Begleiter den Insolvenzantrag beim zuständigen Gericht. Daraufhin setzt sich ein Insolvenzverwalter mit Ihnen in Verbindung und macht sich ein Bild über Ihr gesamtes Vermögen und über Ihre Schulden. Nach einer sorgfältigen Untersuchung wird das bestehende Vermögen möglichst gerecht an alle Gläubiger verteilt. Wobei Ihnen der pfändungsfreie Teil Ihres Einkommens zur Verfügung steht, um Ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Der Insolvenzverwalter hat bei einem Regelinsolvenzverfahren außerdem Mitspracherecht, ob dieses unter Freigabe fortgeführt werden darf oder eingestellt und veräußert werden muss.

Erteilt er Ihnen eine Freigabe zur Weiterführung des Unternehmens, dann müssen Sie einen bestimmten monatlichen Betrag an den Insolvenzverwalter abführen und zwar unabhängig davon, ob Sie in diesem Monat einen Gewinn oder einen Verlust machen.

Die zweite Variante wäre, den Betrieb einzustellen und alles zum Unternehmen gehörende zu veräußern. Dies ist der einfachere Weg, der oftmals gewählt wird.

Auch hier kann Ihnen ein Rechtsbeistand helfen, Ihre Interessen bezüglich des Ablaufs der Regelinsolvenz durchzusetzen.

Die Wohlverhaltensperiode – Die entscheidende Etappe in ein schuldenfreies Leben

Mit Abschluss des eigentlichen Regelinsolvenzverfahrens beginnt die Wohlverhaltensphase. In dieser Zeit hat der Schuldner nur minimalen Kontakt zu seinem Insolvenzverwalter, da dieser nur noch einen jährlichen Bericht beim Gericht abgeben muss. Außerdem kann der Schuldner in dieser Zeit bereits wieder Kapital für später ansparen. In der Wohlverhaltensperiode unterliegt der Schuldner selbstverständlich weiterhin den 5 oben genannten Obliegenheiten. In dieser Zeit muss er dem Gericht und dem Insolvenzverwalter außerdem zeigen, dass er mit seinem Geld richtig wirtschaften kann.

Sollte der Schuldner in der Wohlverhaltensperiode grobe Fehler machen, dazu zählen beispielsweise Steuerhinterziehung, Betrug, falsche Datenangaben, könnte ihm die Restschuldbefreiung vom Gericht verwehrt werden. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, sich in dieser Wohlverhaltensphase „wohl“ zu verhalten.

Die Restschuldbefreiung – Der Abschluss des Regelinsolvenzverfahrens

Die Restschuldbefreiung ist das Ziel des Regelinsolvenzverfahrens. Dabei werden die Schulden, die der Schuldner bei Antragsstellung angegeben hatte erlassen, sodass dieser in ein neues, schuldenfreies Leben starten kann.

Die Restschuldbefreiung muss beantragt werden und beträgt maximal 6 Jahre ab Antragstellung, wobei sich die Zeit durch vorzeitige Zahlungen erheblich verkürzen kann.

Variante 1: Die Restschuldbefreiung nach 3 Jahren ab Antragsstellung

Der Antrag auf Verkürzung des Regelinsolvenzverfahrens kann nach 3 Jahren beantragt werden, wenn der Schuldner innerhalb dieser Zeit schafft, mindestens 35 % seiner Schulden und die Verfahrenskosten in vollem Umfang zu begleichen.

Variante 2: Die Restschuldbefreiung nach 5 Jahren ab Antragstellung

Falls der Schuldner es nicht schaffen sollte, 35 % seiner Schulden zu begleichen, es aber innerhalb von 5 Jahren hinbekommt, seine vollen Verfahrenskosten auszugleichen, kann er den Antrag auf Restschuldbefreiung nach 5 Jahren ab Antragstellung einreichen.

Variante 3: Die Restschuldbefreiung nach 6 Jahren ab Antragstellung

Nach maximal 6 Jahren endet das Regelinsolvenzverfahren automatisch und zwar unabhängig davon, wie viele Schulden getilgt wurden.

Auf Antrag können Die Verfahrenskosten auch nach dem Ende der Regelinsolvenz in kleinen monatlichen Raten beglichen werden. Sollte das Einkommen des Schuldners nach der Regelinsolvenz jedoch sehr gering sein, kann er einen Antrag auf „Nullraten“ stellen. In diesem Fall werden die Verfahrenskosten erlassen.

Wichtig: Forderungen, die während der Regelinsolvenzperiode oder infolge strafrechtlich belangbarer Handlungen (Steuerhinterziehung, Bußgelder, …) entstehen, sind von der Restschuldbefreiung ausgeschlossen.

Die Versagungsgründe der Restschuldbefreiung

Bei unsachgemäßem Verhalten während der Wohlverhaltensphase kann die Restschuldbefreiung versagt werden. Dies könnte beispielsweise passieren, wenn Sie den Insolvenzantrag nicht korrekt ausgefüllt haben oder gegen Ihre Meldepflichten (Wechsel des Wohnorts oder des Arbeitgebers) verstoßen haben. Außerdem könnte die Restschuldbefreiung versagt werden, wenn der Schuldner in den letzten 5 Jahren Insolvenzstraftaten begangen hat und für diese belangt bzw. verurteilt wurde. Zudem ist es wichtig, dass der Schuldner in den letzten 3 Jahren keine Falschangaben über seine private und wirtschaftliche Situation gegenüber Behörden gemacht hat und keine unverhältnismäßigen Verpflichtungen eingegangen ist. Dazu zählen beispielsweise Kredite oder Verträge, die Ihren Verfügungsrahmen sprengen und die sich der Schuldner eigentlich nicht leisten kann. Dadurch würde dieser dem Gericht zeigen, dass er es noch nicht gelernt hat, mit dem ihm zur Verfügung stehendem Geld richtig zu wirtschaften.
Sehr empfehlenswert!

Um bösen Überraschungen und Leichtsinnsfehlern zu entgehen sollte vor Beantragung eines Regelinsolvenzverfahren ein Rechtsanwalt aufgesucht werden, der den Schuldner im Laufe des Verfahrens begleitet und ihm beratend zur Seite steht.

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