Prozesskostenrückstellung


Kurz & einfach erklärt:

Prozesskostenrückstellung verständlich & knapp definiert

Eine Prozesskostenrückstellung ist eine optionale Buchung seitens eines Unternehmens, welche diesem erlaubt die Kosten für einen höchstwahrscheinlich verlorenen Prozess "zurückzustellen", sie also schon im laufenden Jahr zu buchen. Möglich wird die Prozesskostenrückstellung deshalb nur dann, wenn noch kein abschließendes Urteil in dem laufenden Prozess gefunden wurde, eine Niederlage für das Unternehmen aber sehr wahrscheinlich ist. Für das Unternehmen entstehen durch die Prozesskostenrückstellung konkrete Steuervorteile.
notes Inhalte

Anwendung der Prozesskostenrückstellung in der Praxis

Die Prozesskostenrückstellung in der Praxis
In der Praxis treten immer wieder Situationen auf, in denen die Auslegung der Prozesskostenrückstellung unterschiedlich ausfällt. Tendenziell gibt der Gesetzgeber zwar vor, dass das regional zuständige Finanzamt solche Rückstellungen zu akzeptieren hat, jedoch ist kein konkretes Maß vorgegeben. Unternehmen neigen daher oftmals dazu, solche Prozesskostenrückstellungen aus Sicht des Finanzamtes zu hoch anzusetzen. Daraus resultieren nicht selten Konflikte zwischen der Finanzbehörde und dem Unternehmen, weil beide unterschiedliche Auffassungen über die zu verbuchende Fälligkeit besitzen. Das Unternehmen möchte durch die Prozesskostenrückstellung natürlich möglichst starke Steuervorteile erhalten, während das Finanzamt auf der anderen Seite daran interessiert sein muss, dass die Rückstellungen nicht zu hoch ausfallen, um Steuereinnahmeverluste bezüglich des Unternehmens zu vermeiden. Es ist in der Praxis also sehr schwierig, das richtige Augenmaß für die Prozesskostenrückstellung zu finden.

Beispiel für eine Prozesskostenrückstellung

Am besten lässt sich die Prozesskostenrückstellung an einem Beispiel erklären. So könnte es vorkommen, dass ein Kunde in einem Unternehmen oder einem Geschäft auf einem klatschnassen, gerade geputzten Boden ausrutscht, während zugleich kein Warnschild positioniert war und auch kein Umweg seitens des Kunden denkbar gewesen ist. Der Kunde verklagt den Betrieb nun auf Schadenersatz. Für eine Prozesskostenrückstellung müssen nun folgende Aspekte gegeben sein:

  • der Kläger liegt auch nach Sicht des Unternehmens höchstwahrscheinlich im Recht
  • man geht also davon aus, dass der Prozess verloren geht, auch wenn man sich rechtlich gegen die Anklage wehrt
  • der Prozess wird nicht mehr im laufenden Geschäftsjahr enden, sondern erst im darauffolgenden Jahr
In diesem Beispiel ist zweierlei sicher: einerseits, dass der Prozess erst in der Zukunft, mindestens aber im nächsten Geschäftsjahr enden wird und andererseits, dass der Kläger im Recht ist und somit aus Sicht des Unternehmens ein Verlust erzeugt wird.

Das Unternehmen hat durch die Prozesskostenrückstellung nun die Möglichkeit, den wahrscheinlichen Verlust bereits ins laufende Geschäftsjahr zu buchen, um dadurch die eigene Steuerlast zu reduzieren. Das ist aus Sicht des Gesetzgebers deshalb möglich, weil der Grund für den Verlust (im Beispiel das Ausrutschen mitsamt Forderung nach Schadensersatz) in der aktuellen Periode liegt. Dabei spielt es dann keine Rolle mehr, dass die tatsächlichen Kosten erst in der Zukunft aufgewendet werden müssen.

Verbuchung einer Prozesskostenrückstellung im Rechnungswesen

Damit überhaupt Vorteile erlangt werden können, muss die Prozesskostenrückstellung natürlich in der eigenen Buchhaltung auftreten. Der Buchungssatz im Rechnungswesen hierfür lautet: "Aufwand für Prozesskostenrückstellungen an Prozessrückstellungen". Folglich entsteht eine Schuld im Passiv der Bilanz.

Wurde der Prozess später dann tatsächlich verloren, muss nur noch die Auszahlung gebucht werden, der Verlust aber nicht mehr. Der Buchungssatz hierfür lautet: "Rückstellungen für Prozesse an Bank". Die "Kasse" aus Sicht des Rechnungswesens verringert sich also, es tritt eine Bilanzverminderung ein.
Was ist wenn der Prozess doch gewonnen wird?

Schwieriger wird es, wenn der Prozess tatsächlich gewonnen wurde, aber bereits im Vorjahr eine Prozesskostenrückstellung stattfand. Diese muss dann durch einen Ertrag rückgängig gemacht werden, was über den Buchungssatz: "Rückstellungen für Prozesse an außerordentliche Erträge" geschieht. Durch die hinzugewonnenen Erträge würden damit natürlich auch die ursprünglich gewährten Steuervorteile erlöschen, da sich damit der Gewinn des Unternehmens um den im Vorjahr reduzierten Betrag erhöht.

Rechtliche Vorgaben zur Prozesskostenrückstellung

Es ist nur möglich diese Option zu ziehen, wenn der Vorfall im laufenden Geschäftsjahr liegt und der Prozess in diesem zugleich kein Urteil finden wird. Außerdem muss eine konkrete Begründung und Rechnung vorliegen, beispielsweise auch anhand von vergangenen Urteilen, wie man als Unternehmen überhaupt zur festgesetzten Höhe der Prozesskostenrückstellung gelangt ist. An dieser Stelle darf nicht zu allgemein veranschlagt werden, anderenfalls könnte die Finanzbehörde die Rückstellung als nichtig werten. Zu den geschätzten, voraussichtlichen Verlusten darf das Unternehmen in jedem Fall bereits die hinzuaddieren, welche definitiv im bereits laufenden Verfahren angefallen sind, beispielsweise für den Rechtsbeistand in diesem Fall.

Zusammenfassung

  • die Möglichkeit, wahrscheinlich (aber noch nicht ganz sicher) verlorene Prozesse mitsamt deren Verlust im laufenden Jahr zu buchen
  • dadurch ergeben sich für Unternehmen imminente Steuervorteile
  • Verluste müssen geschätzt werden, was oft zu unterschiedlichen Ansichten zwischen Finanzämtern und Unternehmen führt

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