Polypol


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Das Polypol ist eine von drei standardmäßigen Marktformen in der Volkswirtschaftslehre. Auf mindestens einer Marktseite existieren dabei eine Vielzahl von Markteilnehmern. Je nachdem auf welcher Seite sich diese Marktteilnehmer befinden, ist von einem Angebotspolypol, einem Nachfragepolypol oder einem bilateralen Polypol zu sprechen.

Letzteres verfügt über eine „atomisierte Marktstruktur“, weil jeder einzelne Marktteilnehmer nur über einen verschwindend geringen Marktanteil verfügt.

Eigenschaften vom Polypol - kurz & knapp

  • viele Anbieter und viele Nachfrager, z.B. Wochenmärkte oder Börse
  • Marktanteil der einzelnen Marktteilnehmer ist sehr klein
  • der einzelne Anbieter oder Nachfrager hat keine Einflussmöglichkeit auf den Marktpreis und muss diesen akzeptieren
  • erhöht ein Anbieter den Preis, wandern alle Konsumenten zu den Mitbewerbern ab
  • senkt ein Anbieter den Preis, kommen alle Nachfrager zu Ihm und er kann die Nachfrage nicht bedienen

Charakteristika und Entstehung eines Polypols

In einem bilateralen Polypol verfügt kein Marktteilnehmer über Marktmacht. Für die Anbieter bedeutet das, dass sich kurzfristige Preiserhöhungen nicht durchsetzen lassen. Die Nachfrager könnten im Falle einer Preissteigerung direkt auf einen anderen Anbieter umsteigen. Gleichzeitig verfügen die Nachfrager über keinerlei Verhandlungsmacht. Wollen sie den Preis für ein Produkt drücken, entscheidet sich der Anbieter gegen den Verkauf, weil noch viele weitere Kunden existieren.

Damit ein sogenanntes vollkommenes Polypol entsteht, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:


  • Das gehandelte Gut muss homogen sein. Das Produkt von Anbieter A unterscheidet sich damit nicht von dem des Anbieters B.
  • Es muss vollkommene Transparenz herrschen. Alle Marktteilnehmer sind jederzeit über alle Preise und angebotenen Mengen des Gutes informiert.
  • Auf Preisänderungen wird umgehend reagiert (Unendliche Reaktionsgeschwindigkeit).
  • Die Marktausdehnung ist nicht räumlich, alle Nachfrager haben jederzeit freien Zugang zum Markt.
  • Der Preis für das Gut ist zu jedem Zeitpunkt einheitlich. Unterschiedliche Preise für ein und dasselbe Produkt sind nicht vorhanden.


Diese Musterbedingungen liegen in der Praxis nur selten vor. Ist eine der Annahmen verletzt oder nicht komplett erfüllt, ist von einem unvollkommenen Polypol zu sprechen. Die grundlegenden Mechanismen und Auswirkungen der Marktstruktur werden dadurch allerdings nicht verändert, sondern lediglich abgeschwächt.

Beispiele für Polypol-Märkte

Das klassischste Beispiel für den Polypol-Markt ist die Börse. Die Preise verfügen dank moderner Informationssysteme über eine nahezu unendliche Anpassungsgeschwindigkeit. Zudem gibt es – zumindest bei großen und bekannten Aktien – tausende Anbieter und Nachfrager. Aber auch im Alltag lassen sich Beispiele für (unvollkommene) Polypole finden:


  • Für Brötchen gibt es viele Konsumenten und viele Bäcker. Die Informationsverteilung über Angebot und Nachfrage ist nicht perfekt, aber immer noch gut. Selbiges gilt für Preisanpassungen, die ebenfalls recht zeitnah durchgeführt werden.
  • Gebrauchtwagenpreise sind dank großer Internetportale transparent geworden. Auch die Anzahl der Anbieter und Nachfrager ist hoch.

Die Preisbildung im Polypol

Die Marktteilnehmer im Polypol haben also keine Marktmacht, die genutzt werden könnte, um bestimmte Interessen gegenüber der anderen Marktseite durchzusetzen. Daher herrscht ein hohes Maß an Wettbewerb: alle Anbieter produzieren effizient und senken die Preise für das Gut auf ein Minimum. Die Produzenten arbeiten gerade noch kostendeckend und erzielen in der Theorie keine Gewinne.
Gleichzeitig konsumieren die Nachfrager tatsächlich so viele Güter, wie sie benötigen.

Die Nachfrage kann nicht von einzelnen Nachfragern künstlich zurückgehalten werden, um die Preise zu senken. Volkswirte sprechen daher davon, dass im vollkommenen Optimum die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt maximiert wird. Das bedeutet, dass der Umsatz des Markts maximal ist und unter den aktuell gegebenen Umständen nicht weiter erhöht werden kann.

Alle Marktteilnehmer agieren damit als sogenannte Mengenanpasser, da der Preis automatisch durch den Markt vorgegeben wird. Nachfrager planen auf Basis ihres Budgets, also etwa ihres Einkommens, wie viele Einheiten eines Gutes sie kaufen. Unternehmen vergleichen hingegen ihre Produktionskosten mit dem erzielbaren Preis und produzieren auf dieser Grundlage eine bestimmte Menge des Produkts.

Abgrenzung zum Monopol und Oligopol

Lange Jahre betrachteten Volkswirte lediglich Polypole und Monopole. Im Monopol gibt es nur einen einzigen Anbieter, der über die komplette Marktmacht verfügt. Er kann seinen Gewinn auf Kosten der Nachfrager maximieren. Die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt leidet darunter, der Marktumsatz ist nicht maximal. Zudem neigen Monopole dazu, wenig innovationsfreudig zu sein. Schließlich müssen sie sich nicht durch Neuerungen von der Konkurrenz abgrenzen, da diese nicht existiert.

Die Abgrenzung zwischen Polypol und Oligopol ist nicht immer so klar möglich. In einem Oligopol existieren weder nur ein einziger noch viele Markteilnehmer auf einer Marktseite, sondern „wenige“. Was genau wenige oder viele Anbieter bedeutet, ist vom Markt abhängig. So lohnt sich die Produktion einiger Güter beispielsweise erst, wenn Unternehmen eine gewisse Größe erreichen. Der Markt für Mobilfunkbetreiber ist beispielsweise ein klassisches Oligopol. Trotz der vergleichsweise geringen Anzahl an Herstellern, handelt es sich beim Automarkt jedoch um ein Polypol.

 Auch die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Oligopols sind nicht eindeutig. Auf der einen Seite verfügen die Unternehmen über eine gewisse Marktmacht und können theoretisch die Preise erhöhen. Auf der anderen Seite kann auch im Oligopol ein hohes Maß an Wettbewerb herrschen, das zu einem Preiskampf führt. Gleichzeitig verfügen die Unternehmen über Größenvorteile, sie können beispielsweise Produktionsprozesse standardisieren und dadurch Kosten sparen. Auch das ist aus gesamtwirtschaftlicher Sicht positiv zu beurteilen.

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